Bauen mit Bambus, 4.Teil: Verbindungen

VERBINDUNGEN Da es sich bei Bambus um ein hohles Rohr handelt, ist seine Fügung sehr speziell. Traditionell werden Bambusrohre mittels Steckverbindungen oder Bändern und Seilen verbunden. Bei ostasiatischen Gerüstbauern werden die Verbindungen immer noch traditionell mit Bändern hergestellt, auch wenn diese heute aus Kunststoff bestehen. In Kolumbien werden seit etwa 20 Jahren moderne Konstruktionen aus heimischem Guauda-Bambus realisiert. Zwischenzeitlich haben diese Techniken aufgrund ihrer Einfachheit ihren Weg rund um den Globus bis nach Indien und Indonesien gefunden. Dabei werden die Rohre mittels Gewindestangen miteinander montiert. Zur Verstärkung werden zum Teil die Hohlräume der Bambusrohre mit Mörtel gefüllt und/oder von außen Stahllaschen aufgeschraubt. Es entstehen räumliche Fachwerkstrukturen mit einer eigenwilligen Gestalt. Bedingt durch die geringe Leistungsfähigkeit der eigentlichen Verbindungen müssen die Strukturen mit entsprechend mehr Material ausgeführt werden, obwohl die einzelnen Tragwerksglieder eine größere Leistungsfähigkeit als ihre Anschlüsse besitzen. An dieser Problematik wurde in den Jahren 2000 bis 2004 intensiv im Rahmen des Seminars „Bauen mit Bambus“ am Lehrstuhl für Tragkonstruktionen der Fakultät für Architektur der RWTH Aachen gearbeitet. Bambus ist aufgrund seiner Geometrie und materieller Eigenschaften hervorragend für leichte Stabwerksstrukturen geeignet. Im Detail fehlte jedoch eine Verbindungstechnik, die die Vorteile des Bambus hätte ausnutzen können. Durch diese spannende Herausforderung angeregt, absolvierte Christoph Tönges als einer der teilnehmenden Studenten ein Bambus-Praktikum beim Bambusspezialisten Jörg Stamm in Kolumbien und begann, einen leistungsfähigen Stabanschluss für Bambusrohre zu entwickeln.

Die Arbeit wurde an der RWTH Aachen im Team um Dr.-Ing. Evelin Rottke praktisch fortgeführt. Die Herausforderung der erfolgreichen Entwicklungsarbeit war es, sowohl den materiellen als auch geometrischen Besonderheiten gerecht zu werden, die Tragfähigkeit des natürlich gewachsenen Rohres auszunutzen und ein gestalterisch ansprechendes Produkt zu schaffen. In einem weiteren Schritt wurde die Anwendungsmöglichkeit für den Entwurf von bambustypischen Konstruktionen unter Anwendung der Verbindungstechnik untersucht, um eine bloße Substitution zu vermeiden. Eine weitere Verbindungsmöglichkeit für Bambusstäbe kleinerer Durchmesser bietet das System BAMBOOTIX an. Es wurde vom deutsch-französischem Möbeldesigner Waldemar Rothe erfunden und zum Patent angemeldet. Mit BAMBOOTIX ist es möglich, ähnlich wie im Gerüstbau Strukturen herzustellen, bei denen die Rohre überkreuzt verbunden werden. Somit entfällt das lästige Bohren und Schrauben – die Bambusrohre müssen lediglich auf Länge zugeschnitten werden. Die vielfältigen Anwendungen reichen vom Garten- und Landschaftsbau über den Messebau bis hin zum Möbelbau.

Christoph Tönges

> 1. Teil: Grundlagen

> 2. Teil: Bambusarten

> 3. Teil: Verarbeitung

> 4. Teil: Verbindungen

> 5. Teil: Konstruktionen