Ein unvergleichliches Gras, 3.Teil

von Sandra Makowski

„So wie der bestechend einfache Stuhl von Tejo Remy und René Veenhuizen. Oder die Kleiderbügel von Yksi. Oder der Stuhl „Kaguya-hime“ von Lotte van Laatum. „Das Material spielt immer eine wichtige Rolle bei meiner Arbeit“, erklärt die Designerin aus Utrecht. Ein guter Entwurf werde durch einen guten Werkstoff noch intensiviert. Bambus ist ein Material, das Designer vor neue Herausforderungen stellt, schließlich ist seine Verarbeitung weniger erprobt als die heimischer Hölzer. „Wir haben sehr viel über die speziellen Eigenschaften von Bambus gesprochen, sowohl mit Bambusexperten als auch mit den Mitarbeitern des Werkstoffherstellers Moso“, berichtet van Laatum. Extrem wichtig sei das gewesen, schließlich weise Bambus sehr spezifische technische Merkmale auf.

Und doch kann das Gestalten mit Bambus manchmal so einfach wirken. Etwa dann, wenn sich der Designer ganz auf die urwüchsige Ästhetik der massigen Halme verlässt. Sie nur zurechtschneidet und zusammenführt. So wie es Elena Goray bei „Pile Isle“ tat, einem geschnürten Bündel aus Bambusstangen, mit einer ausgeschnittenen Sitzfläche – so einfach wie einprägsam. „Nein, ganz so leicht war das nicht“, kontert die Designerin aus Amsterdam. Wie jedes andere Material stelle auch Bambus einen Gestalter vor Herausforderungen. „Er wächst nicht immer gerade, ist hohl, verjüngt sich und verändert sich bei ungeschützter Bewitterung“, sagt die Gestalterin über ihre Bank, die Möbelstück und Kunstwerk zugleich ist. Zusammen mit dem Importeur Christoph Tönges, Gründer von CONBAM, habe sie nach der idealen Lösung gesucht, Details optimiert. Letztlich wurde die Bank eine Co-Produktion zwischen der niederländischen Designerin und dem nordrhein-westfälischen Bambusexperten.

Christoph Tönges arbeitet bereits seit zwölf Jahren mit dem Material, das im Mainstream erst viel später ankam. Er tüftelte schon für seine Diplomarbeit an Knotenstabtragwerken aus Bambus, entwickelte einen konischen Stabanschluss, absolvierte ein Praktikum bei dem renommierten Bambus-Konstrukteur Jörg Stamm in Kolumbien. Arbeitete jahrelang daran, die Rohre so vorzubereiten, dass man sie vor Ort nur noch verschrauben muss. Und entwickelte Bauteile, die legoleicht zu verbinden sind. Dass die Pflanze eine enorme Zugfestigkeit hat, nutzt Tönges, wenn er aus einem Minimum an Stäben von besonders groß gewachsenem kolumbianischem Bambus große „Domes“ zusammenfügt. „Less is more“ sei eines seiner Gestaltungsprinzipien, sagt der Ingenieur. Filigran, modern, reduziert wirken seine Arbeiten.

Heute handelt Tönges mit hochwertigem Bambus, liefert die Werkstoffe für innovativen Messebau, für Gartenarchitektur, für Möbel, Musikinstrumente, Fahrräder. Und für außergewöhnliche Bauprojekte. „Mit der richtigen Erfahrung erkennt man mit einem Handgriff, ob die Qualität stimmt und ob der Bambus ausreichend ausgehärtet ist. Kolumbianischer Bambus eignet sich besonders gut für die Herstellung tragender Bauwerke“, erklärt der 36-Jährige, der dieses Baumaterial auch für eines der ungewöhnlichsten Bürogebäude Deutschlands geliefert hat – für das „Feng Shui Bambushaus“ in Darmstadt. Die Geschäftsräume einer Autowerkstatt ruhen auf 33 gräsernen Stützen. CONBAM liefert Böden und Zäune aus dem nachwachsenden Werkstoff Bambus, baut damit Brücken, gestaltet Trennwände, erstellt Skulpturen – ein vielseitiges Berufsfeld, das Lernwillen verlangt. Denn wer sich als Konstrukteur oder Künstler auf das Trendmaterial konzentriert, muss sich vieles selbst erarbeiten. „Modernen Holzbau gibt es hingegen bereits seit 1750“, weiß Tönges. „Da ist der Kenntnisstand natürlich ein ganz anderer.““

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Quelle: http://www.premiumpark.de/artikel/ein-unvergleichliches-gras

Autorin: Sandra Makowski, nurweiterso.de