Herstellung von Fliegenruten aus Tonkin-Bambus

Das Fliegenfischen gilt als die „Königsdisziplin“ der Angelfischerei. Schonend und doch erfolgreich, begeistert diese Angelmethode den Betrachter durch die Schönheit des Wurfes mit der sogenannten Fliegenrute, ein Thema, das zum Beispiel im Film „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“ von Robert Redford Millionen Kinobesucher fasziniert hat. Brad Pitt fischt in diesem Werk eine besondere Fliegenrute, denn sie ist aus gespließtem Tonkin-Bambus (Arundinaria Amabilis oder neuerdings auch Pseudosasa amabilis genannt) gebaut. Solche Splitcane-Ruten gelten auch heute, weit über 100 Jahre nach ihrer Erfindung, für viele als das Maß aller Dinge im Bau von Angelruten. Ich möchte kurz berichten, wie eine solche Rute entsteht.

Das Ausgangsmaterial, eine Stange Tonkin-Bambus, wird je nach Anforderungen der gewünschten Rute (Länge, Stärke, Teile) selektiert.  Die Stangen sind bei Erwerb um 4 m lang. Man verwendet meist ihre obere Hälfte für die Spitzenteile, die untere Hälfte für die Handteile der Rute. Für hochwertige Ruten legt man Wert darauf, dass alle Teile aus einem einzigen Rohr stammen.

Tonkin gilt u.a. aufgrund seines hohen Anteils an „Kraftfibern“ und  seiner weiten Knotenabstände als die optimale Bambusart für diesen Zweck, früher wurden jedoch auch schon aus anderen Arten Ruten hergestellt. Von Hand wird das Rohr der Länge nach in Spleiße gespalten und wiederum die besten (in Bezug auf Fehlstellen etc.) herausgesucht.

Die Spleiße werden über Wärme begradigt  und gehärtet und in eine dreieckige Form (Winkel jeweils 60 Grad) gehobelt. Mit Hilfe einer Metalllehre erhalten sie beim Hobeln außerdem über ihre Länge eine exakt vorgegebene Verjüngung. Aus je 6 Spleißen wird dann das Rutenteil zusammengeleimt. Nach Trocknung, Schleifen, Richten und Lackieren werden Metallhülsen  aus Neusilber zur Verbindung der Rutenteile montiert und die Rute ist bereit, mit den übrigen Komponenten (Korkgriff, Ringe, Rollenhalter) ausgestattet zu werden.

Nach über 20 Stunden Arbeitszeit verlässt nun ein Stück alte Handwerkskunst die Rutenbau-Werkstatt. Es ist aber kein Dekorationsstück für die Vitrine sondern ein voll fischbares Präzisionsinstrument, mit Eigenschaften, wie sie nur der Naturwerkstoff Tonkin hervorbringen kann – ganz ähnlich, wie auch eine Geige selbst in 100 Jahren wohl kaum aus Plastik sein wird.

Michael Dittert

Bezugsquelle für Tonkin: www.bambushandel-conbam.de